Klöppeln auf dem Kissen

[Planerin]

Hallo zusammen,

ich klöpple seit Anfang an auf der Rolle und komme sehr gut damit klar. Nur momentan habe ich mein neuestes Werk mit 80 Stück Klöppel auf der Rolle und bin mitunter am verzweifeln, da mir der Platz fehlt. Vondaher überlege ich für künftige solche Werke mir ein Flachkissen zuzulegen.
Nun meine Frage: Ist die Klöppeltechnik auf dem Kissen die gleiche wie auf der Rolle, oder muß man umlernen, mal abgesehen von anderen Klöppeln, die man auf dem Flachkissen verwendet?
Bitte nicht lachen, aber ich habe das mal irgendwo gehört, dass auf dem Flachkissen anders geklöppelt wird wie auf der Rolle.

Kann mir bitte jemand helfen? Vielen Dank.

Viele Grüße

die Planerin

 

[kloeppelstube]

Hallo, liebe Planerin,

Du weißt, ich klöppel auch ausschließlich auf der Rolle.
Aber - um zu wissen, wovon die anderen reden - habe ich auf dem Flachkissen einige Kleinigkeiten geübt - unter fachgerechter Anleitung.

Die Klöppel (einteilige Klöppel) werden nicht so in die Hand genommen, wie wir es von der Rolle kennen. Sie werden von oben gefasst und übereinander gelegt. Schon das Wickeln der Klöppeln und das Schlinge machen ist für uns gewönungsbedürftig. Die Klöppel bleiben gedreht liegen - nicht wie bei uns gekreuzt.

Mein kurzer Ausflug ans Flachkissen hat mich gelehrt: "Schuster bleib bei deinem Leisten." Das Umdenken nimmt einige Zeit in Anspruch. Und ich habe für ein kleines Teil beinahe doppelt so lange gebraucht als auf der Rolle.
So wie man es gelernt hat, geht es am besten von der Hand. Und denke mal - es wird auch mit vielen Paaren auf der Rolle geklöppelt. In der Regel ist es eine feine Spitze mit dünnem Garn. Dafür werden meistens die kleinen Seidenklöppel verwendet.

Und dann gibt es bei den Klöpplerinnen noch die "umgestrickten". Die kommen von der Rolle und nehmen die Flachkissenklöppel genau so in die Hand wie die Hülsenklöppel - auch eine Möglichkeit.

Wichtig ist auf jeden Fall das Ergebnis zählt.

Nun hast Du eine Menge Stoff zum nachdenken. Klöppel was schönes daraus.

LG
Helga aus der Klöppelstube

 

[Kloeppelecke]

Hallo Planerin,

es ist gar nicht nötig, mit dem Flachkissen anzufangen, wenn Dir das so unsympathisch ist. Auch auf der Rolle ist Platz genug für viele Klöppel. Alles nur eine Frage der Einteilung *lach*. Du kannst Dir helfen, indem Du die gerade nicht gebrauchten Klöppel getrennt nach Mustergruppen übereinander stapelst. Damit das kein Chaos gibt, legst Du einfach ein Taschentuch (richtiges - kein Papier) zwischen die einzelnen Schichten. So kannst Du locker 5 Lagen Klöppel übereinander "parken".

Auf dem Flachkissen wird nicht viel anders geklöppelt als auf der Rolle. Der wichtigste Unterschied ist, dass die Klöppel von oben zwischen den Fingern gehalten werden und nicht wie auf der Rolle von unten in die Hand genommen werden. Daher auch der Ausdruck "Klöppel-Hin-Und-Her-Leger" für die Flachkissenklöpplerinnen. Oft wird in Kursen gelehrt, dass der Ganzschlag auf dem Flachkissen kr-dr-kr-dr und nicht wie auf der Rolle dr-kr-dr-kr gearbeitet wird. Das ist aber mehr oder weniger Ansichtssache. Wenn Du das nicht umlernen möchtest, musst Du auch nicht. Das Ergebnis zeigt keinen Unterschied (Ist nicht meine Meinung, sondern die von vielen Klöpplerinnen, die es ausprobiert haben!)

Ich hoffe, Dir konnte mit diesen Ausführungen etwas geholfen werden.

LG
Hannelore

 

[kloeppel-tante]

Planerin,

zuerst einmal herzlich willkommen hier im Klöppelforum und viel Spaß und ein nettes Miteinander!

Ich muss mich in diese Diskussion einwerfen: ich bin in dieses Hinsicht absolut traditionell (s.u.)
eingestellt, denn ich bin dafür, dass man auf der Rolle den Ganzschlag mit der offenen Methode O X O X
und auf dem Flachkissen X O X O klöppelt!
Das macht nämlich auch Sinn: auf der Rolle muss man ja eh immer die Klöppel in der Hand vor dem
nächsten Schlag ordnen, gedreht kann man sie nicht auf dem Rollenkissen weglegen, klar.
Auf dem Flachkissen allerdings wird durch das Drehen der Klöppel eine Paarzugehörigkeit
deutlich erkennbar. Das Ergebnis ist freilich nachher dasselbe!
(Natürlich gibt es regionale Ausnahmen, z.B. bei Freihandspitzen, aber auch da kommt eine in das
Flachkissen eingebaute Rolle ins Spiel, die Techniken sind quasi gemischt!)

Wofür ich immer wieder plädiere: wir wollen doch dieses über 500 Jahre alte Handwerk nicht
aussterben lassen, und ich fände es erstrebenswert, dass wir uns der Tradtion insofern verpflichten"
als wir versuchen, nicht nur die klassischen Spitzen originalgetreu weiterleben zulassen, sondern
auch die handwerkliche Ausübung! Damit meine ich die praktische Umsetzung. Deswegen
haben z.B. auch Hülsenklöppel auf einem Flachkissen eigentlich nichts verloren...
Wenn solche Grenzen aufgebrochen und weitergegeben werden, weiß später doch keiner mehr,
wie es original war?!

Ach und übrigens: auch ich habe auf der Rolle angefangen und jahrelang so geklöppelt und mich
anfangs auf dem Flachkissen sogar sehr schwer getan... Heute ist es fast umgekehrt...
Und das "Umdenken" von einem auf das andere Kissen" vergleiche ich gern mit dem unproblematischen
Umsteigen beim Fahren mit Automatik und Schaltgetriebe!

Aber wichtig ist bei der großen Zahl von Klöppeln noch, wie dünn das verwendete Garn ist?
Denn wenn es sehr dünn ist, wird es auch durch das in-Lagen-Arbeiten (< Hannelore) und das
Eigengewicht der Klöppel strapaziert. Da eignet sich ein Flachkissen eher!

Ein bisschen Üben und Geduld mit sich selbst braucht man - aber es geht!!! In diesem Sinne,
nur Mut, Planerin!

 

[Planerin]

Hallo zusammen und vielen Dank für die ersten Feedbacks.
Den Tipp von Hannelore mit dem Taschentuch werde ich auf alle Fälle ausprobieren. Mir geht es nämlich oft so, dass ich eine Gruppe von Klöppeln in der Hand habe und nicht gleich weiß, wohin.
Was sich als äußerst hilfreich für mich erwiesen hat, sind die Klöppelkämme. Damit bekomme ich Ordnung und Übersicht in meine Paare, vorallem, wenn es eng wird.
Auch ist viele Ruhe und ständiges vorsichtiges Hin- und Hersortieren das oberste Gebot. Da von ich den Mustern am liebsten Torchon klöpple, ist dies auch erforderlich. Der Weg zum Ziel ergibt sich auch oft erst während des Klöppelns und so lernt man dann auch für die Zukunft etwas dazu.

Bezüglich der Garnstärke muß ich Klöppeltante Tine Recht geben. Momentan verwende ich Valdani Multicolor Baumwollgarn und das ist ziemlich dünn. Und wenn ich mir dann so meine Fülle von Klöppel anschaue, dann denke ich oft: "Ob´s denn hält?" Aber dieses Garn kann echt was ab. Und verklöppelt sieht es wunderschön aus. Ich kann es empfehlen.

Viele Grüße an Helga aus der Klöppelstube. Ich hoffe, wir lernen uns nächstes zum Kongress endlich mal persönlich kennen.

Alles in allem werde ich wohl auch in Zukunft meiner Rolle den Vorrang einräumen. Allerdings würde ich trotzdem gern wissen, wie mir das Flachkissen liegt. Und da ja bekanntlich nicht aller Tage Abend ist, werde ich es sicher irgendwann mal ausprobieren.

Euch allen vielen herzlichen Dank für eure Meinung und heute noch einen schönen Klöppeltag.

Viele liebe Grüße

Ulrike, die Planerin